Zauberwürfel-Illusionsmuster

Schon seit Langem gibt es hier auf der Website 24 Zauberwürfel-Muster samt Anleitung, wie man sie erstellt. Diese Muster sind einfach hübsch anzusehen, deshalb nenne ich sie jetzt mal „Deko-Muster“.

Im folgenden Artikel soll es jedoch um Muster gehen, bei denen es nicht um dekoratives Aussehen geht, sondern darum, dass sie in gewisser Hinsicht eine Illusion erzeugen, zumindest einen Zustand, den man nicht erwartet. Bisher sind mir erst zwei passende Muster für diese Kategorie der „Illusions-Muster“ eingefallen (und ein besserer Name ist mir auch nicht eingefallen), aber vielleicht habt Ihr ja noch weitere Ideen, die Ihr mir gerne in die Kommentare schreiben könnt.

Die Slice-Illusion

Schaut Euch das Foto rechts an. Jemand, der nicht sonderlich erfahren mit dem Zauberwürfel ist, mag vielleicht denken, man müsse nur die mittlere Ebene verstellen (oder entsprechend die beiden äußeren Ebenen), um diesen Würfel zu lösen. Doch wenn man sich die Drehung vorstellt, merkt man schnell: Da stimmt was nicht. Wenn ich die weißen Steine der mittleren Ebene runter zwischen die anderen weißen Steine drehe, gehen die blauen Steine ja in die genau falsche Richtung. Die blaue Reihe ist dann unten statt oben.

Genauso natürlich umgekehrt: Wenn ich mir vorstelle, die drei blauen Steine der mittleren Ebene hoch zwischen die sechs anderen blauen Steine zu drehen, dann landen die drei weißen Steine hinten statt vorne. Offenbar ist die mittlere Ebene falsch eingebaut; so sieht es jedenfalls aus.

Die Illusion klappt leider nur, wenn man den Cube genau von vorne betrachtet. Denn für den „verdrehten“ Mittel-Slice muss ja das Achsenkreuz des Würfels falsch herum erscheinen. Und das führt dazu, dass auf den seitlichen Flächen die Center auch getauscht sind. Anders geht es nunmal nicht. Aber auf dem Foto genau von vorne sieht es schon sehr verblüffend aus, finde ich.

Um dieses Muster zu erzeugen, könnt Ihr einfach folgenden Algorithmus verwenden. Er tauscht die Farben (wie auf dem Foto) zwischen der oberen und vorderen Seite (und entsprechend auch unten und hinten). Die beiden „falschen“ Centersteine stehen also rechts und links. Wollt Ihr das Muster wie auf dem Foto mit weiß und blau haben, haltet Ihr also z.B. weiß nach oben und blau nach vorne. Und dann macht Ihr folgenden Zug:

E M2 E‘ U2 M2 U2 M

Die Notation habe ich hier erklärt. Mit dem gleichen Zug bekommt Ihr den Cube natürlich auch wieder in den gelösten Zustand; Ihr müsst also nicht komplett neu lösen.

Besonders fies ist dieses Muster, wenn Ihr zusätzlich noch die beiden Kappen der Mittelsteine tauscht. Dann funktioniert die Illusion nicht nur auf dem Foto, sondern damit könnt Ihr den einen oder anderen Cuber vermutlich in die leichte Verzweiflung treiben. Denn natürlich ist der Cube so lange unlösbar, bis Ihr die Centercaps wieder zurück tauscht.

Für die Experten: Man kann das Muster übrigens auch ohne Auswendiglernen des oben stehenden Algorithmus relativ leicht erzeugen, wenn man ein paar Sachen kombiniert, die man vielleicht schon kann. Entsprechend dem bekannten Zauberwürfel-Muster 3 tauscht man vier Mittelsteine. Danach muss man noch 4 Kanten paarweise tauschen und den mittleren Slice 90 Grad verstellen. Genau das macht der obige Algo, der eigentlich aus folgenden Schritten aufgebaut ist, die man natürlich auch einzeln ausprobieren kann um zu sehen, was sie machen:

E M2 E‘ M2 (4 Center auf der waagerechten Ebene getauscht)
M2 U2 M2 U2 (4 Kanten getauscht, oben zwei und unten zwei)
M (stellt den M-Slice so, dass die Farben paarweise erscheinen)

Die beiden M2 ohne Fettschrift kürzen sich natürlich weg, weshalb der Algo oben kürzer ist. Und den Mittelteil, das Tauschen der zwei Kantenpaare, den kann man natürlich auch anders bewerkstelligen (beispielse D R2 L2 als Setup Moves, dann H-Perm…), aber die oben genannte Version finde ich am elegantesten.

Nachtrag (27. April 2021): Auf Facebook ist mir ein anderer Alg begegnet, der die gleiche Slice-Illusion erzeugt, allerdings tauscht er nicht nur die Center, sondern auch die Kantensteine über und unter den Centern:

M U2 M2 D2 (R2 D2 R2 D2 R2) (L2 D2 L2 D2 L2)

Auf dem Foto zeigt der rechte Cube diesen zweiten Algo. Die Illusion ist zwar vielleicht nicht ganz so perfekt, weil man eventuell leichter sieht, dass die Seitenflächen nicht einfarbig sind (gerade bei Stickerless Cubes). Aber dafür kann man mit dem neuen Muster noch was Interessantes anstellen:

Dreht man die M-Ebene so, dass die (hier blaue) Oberseite komplett gelöst ist, dann hat der Cube auf den 4 seitlichen Flächen je einen senkrechten Streifen. Mit einer weiteren M2-Drehung allerdings ist die Vorderseite gelöst, während die angrenzenden Flächen abwechselnd Längs- und Querstreifen haben. Verblüffend, oder?

Dreht man jetzt noch die Quer-Ebene doppelt (S2), um den orangen Streifen zu entfernen, dann bekommt die Oberseite ein Schachbrettmuster. Was uns darauf bringt, dass wir auch das zweite Slice-Illusion Muster quasi intuitiv erzeugen können, jedenfalls mit einfachen Zutaten: Zunächst das Schachbrett auf 2 Seiten erzeugen (Muster 4). Dies kann man mit dem beschriebenen „Daumentrick“ garnieren, aber es gibt einen noch schöneren Trick, für den ich jetzt ein neues Video aufgenommen habe. Es zeigt das Schachbrettmuster ohne Absetzen der Finger:

Wenn das Schachbrettmuster gemacht ist, braucht man nur noch eine S2-Drehung für den seitlichen Streifen und eine M‘-Drehung für die Illusion mit der verkehrt herum eingebauten Mittelebene:

Schachbrett + S2 M‘

Das wäre dann je nach gewünschter Art, das zweiseitige Schachbrettmuster zu erzeugen:

U2 M2 E‘ S2 D‘ U‘ + S2 M‘ (kürzeste Variante)
oder
(R2 F2) 3mal, y2, (R2 F2) 3mal + S2 M‘
(ggf. mit Daumentrick)
oder
(R2 y‘) 12mal + S2 M‘
(ggf. ohne Absetzen)

Soviel zum Muster, dass ich Slice-Illusion nenne. Das nächste Illusionsmuster ist aber auch ziemlich verblüffend:

Der Drei-Seiten-Scramble

Mit dem folgenden Illusions-Muster kann man einen Zaubertrick einstudieren. Denn man erhält einen Cube, der von drei Seiten gemischt aussieht und von den anderen drei Seiten gelöst, wie man im Spiegelbild auf dem Foto sehen kann. Und das geht mit folgendem Algorithmus, der aus 21 ziemlich wirr erscheinenden Zügen besteht:

R‘ F2 R2 B2 (L U2 F2 D2)
F2 U2 L‘ D2 (B‘ L‘ D R) F2 R2 U L U

Die Ecke hinten links oben entscheidet, welche drei Farben es sind, die „gescrambelt“ werden. Dementsprechend sind die drei Farben der Ecke vorne rechts unten diejenigen, die nach wie vor gelöst erscheinen. Die Klammern dienen nur der Einteilung in Vierergruppen, damit man nicht so leicht durcheinanderkommt.

Für die Experten: Wie man sieht, sind die Ecken allesamt nicht „gescrambelt“, sondern nur die Kanten. Die Ecken bilden quasi ein Schachbrett mit den Centersteinen, also haben immer die gleiche Farbe wie der diagonal angrenzende Centerstein. Warum ist das so? Könnte man nicht einen Scramble-Algorithmus finden, bei dem die Ecken wenigstens etwas gemischter aussehen?

Nun, die meisten Ecken sind ja in ihrer Lage gebunden durch die gelösten Seiten, genaugenommen 7 der 8 Ecken des Zauberwürfels. Nur die Ecke, die die drei Scramble-Farben hat (hier also die gelb-blau-orange Ecke) könnte theoretisch anders orientiert sein. Aber auch diese kann nicht wirklich, denn bei einem Zauberwürfel kann nicht nur eine einzelne Ecke gedreht sein, also falsch orientiert. Ein Cube in diesem Zustand ist unlösbar. Deshalb gibt es keinen Algo für einen Drei-Seiten-Scramble, der das mit den Ecken besser hinbekommt.

Damit aus diesem Illusionsmuster ein Zaubertrick wird, bedarf es aber noch etwas mehr Vorbereitung. Denn der Cube sieht auch von der „vermischten“ Seite nur dreifarbig aus. Das könnte auffallen. Wer einen gemischten Zauberwürfel kennt, erwartet da mehr Farben.

Wenn man nun zusätzlich noch F R dreht, sind es schon 5 Farben. Das sieht schon eher nach einem richtigen Scramble aus.

Macht man noch eine Drehung D‘, also insgesamt F R D‘, dann hat man sogar alle 6 Farben auf der (angeblich) vermischten Ansicht des Cubes. Wer also genügend Geschick aufbringt, solche zusätzlichen 2 oder 3 Drehungen einzustudieren, so dass man sie möglichst beiläufig einhändig und hinter dem Rücken ausführen kann (oder unter einem Zylinder, etc.), der kann den Zuschauern seiner großen Magier-Show erst den „vermischten“ Zauberwürfel präsentieren und dann den „gelösten“. Im Gegensatz zu vielen anderen Tricks funktioniert dies mit einem echten Zauberwürfel, keinem speziell präparierten. Nachteil ist natürlich, dass man jeweils nur 3 Seiten zeigen darf. Das macht es etwas weniger überzeugend und dafür aber schwerer einzustudieren. Es gab auch mal ein Video, das diesen Zaubertrick ziemlich gut vorgeführt hat. Leider hab ich es bei der Recherche für diesen Artikel nicht mehr gefunden. Falls Ihr es kennt – Link bitte in die Kommentare. Oder studiert den Zaubertrick ein, ladet ein Video davon hoch und teilt mit uns den Link. Das fände ich noch schöner.

Nachtrag (Mai 2021): In einem Youtube-Video habe ich eine Variante dieses 3-Seiten-Scrambles gefunden, die mir auch sehr gut gefällt, insbesondere weil sie die drei vorderen Seiten am Ende des Algos wieder löst. Wer ihn also auswendig lernt und den (cube-unerfahrenen) Zuschauer von diesen drei Seiten darauf schauen lässt, der kann ihn vor dessen Augen vermischen und wieder „lösen“, ohne dass dieser merkt, dass die hinteren Seiten nun gemischt sind.

U‘ D L2 U (B2 D2 B2 D2) L F‘ U D‘ (R U‘ F2 L) F‘ B‘

In dem Video macht sich der berühmte und sehenswerte Zauberkünstler Steven Brundage (WCA) aber gar nicht die Mühe, den 3-Farben-Scramble mit Zusatz-Moves zu tarnen, und es klappt trotztem, Millionen Leute zum Staunen zu bringen. Und im Gegensatz zu einem gewissen angeblichen Blindsolver namens Flavian habe ich hier bei Steven auch überhaupt kein Problem damit, denn er tritt eindeutig als Zauberkünstler und Illusionist auf und nicht als Speedcuber, der einen Blindsolve faked.

Übrigens: Wenn Ihr den Algo zweimal anwendet, habt Ihr auf der Unterseite jeweils einen Flip der beiden verdeckten Kanten hinten und links. Wenn Ihr vor dem zweiten Durchgang den Cube einmal im Uhrzeigersinn um die vordere Ecke rotieren lasst (x y), dann gibt es auf der Rückseite einen Tausch der drei nicht sichtbaren Kanten, wie beim Cube-im-Cube-Muster oder den „6 Treppen“.

Auch ohne Zaubertrick ist dieses Illusionsmuster ein netter Gag für das Cube-Regal oder um andere Cuber zu verblüffen. Beispielsweise könnte man den Cube so in einer Ecke hinstellen, dass man ihn nur von vorne, also der gelösten Seite sehen kann. Wie auf dem Foto um ca. 45° verstellt. Aber natürlich ohne Spiegel. Und dann die Frage stellen, ob das +2 oder DNF ist (also 2 Strafsekunden oder ungelöst). 🙂

So, das waren meine bisher gefundenen 2 Illusionsmuster. Viel Spaß damit! Falls Ihr noch weitere Ideen für solche Illusionen habt, könnt Ihr dies gerne in die Kommentare schreiben.

 

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3 Antworten zu Zauberwürfel-Illusionsmuster

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  2. Hans-Jürgen sagt:

    Die meines Wissens älteste Illusion ist auf dem Titel der „Scientific American“ March 1981, bzw. der Deutschen Version „Spektrum der Wissenschaft“ Mai 1981 zu sehen.
    Ein Würfel, bei dem scheinbar eine einzelne Ecke verdreht ist, in Wirklichkeit ist die diametral gegenüberliegende Ecke ebenfalls gedreht.

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