Am vergangenen Wochenende (21. und 22. April 2018) war ich zum ersten Mal auf der German Open in Gütersloh. Meine Eindrücke von diesem Speedcubing-Wettbewerb möchte ich Euch hier schildern.
Die German Open gibt es bereits seit 2004. Es ist das älteste Deutsche Speedcubing-Turnier, und es fand in wohl recht familiärer Athmosphäre am Rande des 1. German Cube Day statt.
Nun also 2018 das fünfzehnte German Open Turnier. Da ich Samstag arbeiten musste, habe ich mich nur für Sonntag angemeldet (und wäre sonst auch terminlich in Konflikt mit dem German Cube Day 2018 gekommen, der ebenfalls am 21.4. stattfand, nur nicht mehr am gleichen Ort, sondern in Düsseldorf).
Die Cubing-Disziplinen am Sonntag kann man so zusammenfassen: Alles, was würfelförmig ist. Clock, Pyraminx und Megaminx konnte ich also zuhause lassen – und habe ich die letzten Wochen auch überhaupt nicht mehr geübt.
Sonntag morgen um kurz nach 5 klingelte also der Wecker. Kaffee kochen, frühstücken, den Katzen erklären, dass es ihr Frühstück erst ab 7 gibt, und los ging es um kurz vor sechs. Zunächst von meinem Wohnort Bonn nach Köln, wo ich volltanken und dann nette Freunde von mir zu ihrer ersten Competition abholen wollte.
Zu viert fuhren wir dann also ab kurz vor 7 von Köln nach Gütersloh. Jessica und ihre als Teilnehmer angemeldeten Kinder Tristan und Luna. Die drei haben das Zauberwürfeln vor knapp einem Jahr bei meinem 2. Workshop in der Kölner Zentralbibliothek gelernt, und wenige Wochen später haben wir uns angefreundet.
Während ich fahren musste, wurde also neben und hinter mir kräftig gewürfelt; die beiden Kinder merkten doch allmählich, dass die Zeit zum Üben knapp wird. 🙂
Wir kamen während der ersten Runde 3×3-Blind an. Danach ab 9:45 war das „Competitition und Judging Tutorial“. Hier erfahren Neulinge, worauf sie als Teilnehmer und als Schiedsrichter zu achten haben. Denn jeder Teilnehmer sollte auch judgen, also andere Teilnehmer bei ihrem Solve betreuen, solange gerade eine Gruppe dran ist, in der sie nicht selbst lösen.
Nach der kurzen Einführung ging es gleich los mit dem 3x3x3-Wettbewerb, also dem „normalen Zauberwürfel“. Unsere Jüngste, die Luna, war in Gruppe 3, während Tristan und ich in Gruppe 4 waren. Luna durfte also anfangen. Direkt bei ihrem ersten Solve ist sie unter 1 Minute geblieben; das war das persönliche Ziel für ihren ersten Wettbewerb. Zwar hat sie dies bei den folgenden Solves nicht mehr geschafft, aber ihre Bestzeit aus ihrem ersten Turnier heißt nun 59,69. Die heißt es beim nächsten Mal kräftig zu unterbieten.
Ihr älterer Bruder Tristan hat wohl etwas mehr geübt, und er hat mich gleich bei seinem ersten Turnier fast eingeholt. Während ich auf Platz 87 gelandet bin, hat er Platz 88 geschafft; ebenfalls mit einer 34er Durchschnittszeit. Tja, da sieht man es wieder: Schnelle Auffassung und Merkfähigkeit, Talent und jugendlich flinke Finger. Ich hab für quasi das gleiche Ergebnis garantiert 100mal mehr geübt. Beim nächsten Mal wird er mich locker überholen.
Aber ich will nicht meckern: Wie man hier sehen kann, habe ich mit 34,44 Sekunden im Durchschnitt (Average of 5) eine neue Persönliche Bestzeit, und mit 27,77 eine neue Single-PB auf dem 3×3-Cube. Endlich Sub-35! Zuhause bin ich schon länger bei durchschnittlich 30-35 Sekunden, aber nun auch offiziell. Nun wird es Zeit, endlich die 30 Sekunden sicher zu knacken…
Nach dem 3×3 kam der 2×2 dran. Tristan und ich haben beide eine 6-Sekunden-Einzelzeit geschafft (meine dritte PB in diesem Turnier), aber bei der Durchschnittszeit war ich besser. Mit 8,60 habe ich Platz 65 erreicht – den letzten Platz derer, die in der zweiten Runde nachmittags nochmal antreten durften. Finaaaaale!
Als nächstes der 4×4. Mein Ziel war es, eine neue PB unter 2 Minuten mit nach Hause zu bringen. Vor einem Jahr war ich noch bei etwa 3 Minuten; vor einem halben etwa bei 2:20 und nun hoffte ich, dass es klappen würde.
Mein erster Lösungsversuch lief zunächst ziemlich gut (für meine Verhältnisse). Auf einmal jedoch großes Gejubel und kräftiger Applaus direkt am Tisch hinter und über mir. Sebastian Weyer hatte mit 18,84 Sekunden (!) einen neuen Weltrekord für den 4×4 erreicht. Gerade an der Stelle, wo ich erkennen musste, ob ich nun Parity haben würde oder nicht. Ich sah Parity, habe den Algo ausgeführt – nur um dann zu merken, dass ich mir damit Parity rein- statt rausgedreht habe. 2 Minuten und 3 Sekunden. Ohne den unnötigen doppelten Parity-Zug wäre ich locker unter 2 Minuten gelandet. Naja, was soll’s? Einen Extra-Versuch wegen der Störung wollte ich nicht, denn 2:03 ist für mich ja durchaus eine gute Zeit, und ich hatte ja noch eine Chance auf mein „Sub-2“. Zwei Versuche hatte ich insgesamt, denn der Wettbewerb hatte ein (für mich unerreichbares) Cutoff von 1:20, das man einmal unterschritten haben muss, um die vollen 5 Versuche machen zu dürfen.
Mein zweiter und letzter Versuch hat mir dann mit 1:59,27 die gewünschte Sub-2 gebracht (und meine vierte Bestzeit). Also freu ich mich einfach über Sebastians Weltrekord. Übrigens hat Sebastian Weyer in der gleichen Runde mit 22:27 auch den neuen Weltrekord Avg5 geschafft. Sensationell!
Nach der Pause kam der Event „3x3x3 One-Handed„. Meinen kleinen magnetischen Cube löste ich in 58 und 47 Sekunden. Neue Bestzeit (die fünfte). Da das Cutoff hier 45 Sekunden betrug, habe ich es knapp verpasst. Ich wusste, dass es knapp werden würde. Nächstes Mal bestimmt…
Direkt danach stand der 5×5 auf dem Plan; der bislang größte Cube, den ich auf Wettbewerben löse. Diesmal wollte ich unter 4 Minuten bleiben. Hat beide Male geklappt – mit 3:43 meine sechste neue Bestzeit in diesem Wettbewerb.
Das wäre es eigentlich gewesen, und eigentlich war ich wegen frühem Aufstehen, sowie stickiger und warmer Luft schon ziemlich „durch“, aber ich hatte mich ja unerwartet für das 2×2-Finale um 17:35 qualifiziert. Die langsamere Hälfte der Finalisten kam in die erste Gruppe, also auch ich. Zwar konnte ich die Zeiten aus der ersten Runde nicht mehr ganz erreichen, aber mit jeweils ca. 9 Sekunden habe ich mich tatsächlich noch von Platz 65 auf Platz 53 verbessert. Nun bin ich schon in der Nähe der Top500 2×2-Cuber in Deutschland. Und unter den Top1000 in Deutschland auf dem 3×3. Erstaunlich, was man so alles an Statistiken auf der WCA-Seite ablesen kann.
Nach kurzem Umbau kam dann das 3×3-Finale. Jeweils 2 Teilnehmer machen abwechselnd ihre 5 Versuche. Auf dem Bild sieht man links Sebastian Weyer, der vormittags seine 2 Weltrekorde auf dem 4×4 geschafft hatte. Und rechts sitzt Kevin Gerhardt, der im vergangenen September den aktuellen deutschen 3×3-Single-Rekord aufgestellt hatte; zum ersten Mal mit einer Zeit unter 5 Sekunden (4,94).
Anschließend die Siegerehrung. Meine Workshop-Helferin Amelie hatte es am Samstag geschafft, bei „3×3 with Feet“ den dritten Platz zu machen. Hier ist sie zusammen mit dem Zweitplatzierten.
Ergebnisse, persönliche Bestzeiten und neue Rekorde sind aber natürlich nicht alles bei einer Competition. Wichtiger als die sportliche Herausforderung ist mir eigentlich, nette Leute mit ähnlichen Interessen wiederzutreffen, Bekanntschaften und Freundschaften zu pflegen, zusammen Spaß zu haben. In dieser Hinsicht war die German Open 2018 für mich natürlich besonders schön, weil ich ja von netten Freunden begleitet wurde, die auch Spaß am Zauberwürfeln haben, und denen es ebenfalls sehr gut gefallen hat. Die drei haben sich beispielsweise gefreut, Felix wieder zu treffen, der mir damals beim Workshop assistiert hatte, als Jessica, Luna und Tristan das Cuben gelernt haben. Und Felix hat sich wohl auch gefreut, dass unser Workshop tatsächlich neue Teilnehmer zu Competitions bringt.
Am Rande der Competition wurden für kleines Geld einige Zauberwürfel verkauft, die wohl bei den Organisiatoren hängengeblieben waren – aus Sponsoring-Aktionen, etc. Dort konnte ich für zusammen 3 Euro diese beiden Prachtexemplare abgreifen. Links sieht man einen 3×3-Cube, dessen mittlere Ebene von einem Fisher-Cube stammt. Man muss sie zum Lösen demnach um 45 Grad drehen. Dann sieht er fast aus wie ein 3×3-MixUp-Cube, obwohl er damit natürlich nichts zu tun hat.
Das Schwarz-Weiß-Modell ist ein 4x4x6, der mich vor größere Herausforderungen stellen wird. Wenn man ihn richtig mischt, verliert er die Cube-Form und ist ziemlich „stachelig“. Die Hälfte der Steine ist weiß, die andere Hälfte schwarz. Man kann ihn z.B. senkrecht halb-und-halb lösen, oder waagerecht geteilt, oder als Schachbrett-Muster. Zu den beiden neuen Cubes mache ich bestimmt mal einen Artikel mit Vorstellungs- und Lösungs-Video.
Nach der Siegerehrung Heimfahrt, zusätzlich mit Amelie. Während ich fahren musste, gab es dann für Tristan und Jessica noch ein Einführungs-Tutorial in die Grundlagen des 3×3-Blind-Cubing. Da ich ja auf die Straße schauen musste, also nicht auf den Würfel, war es für mich ein „blindes“ Blindsolving-Tutorial. Sachen gibt’s… 🙂
Kurz nach 22 Uhr war ich dann wieder zuhause in Bonn, nachdem ich meine Mitfahrer in Köln abgesetzt hatte. Ein langer, anstrengender Tag, aber auch ein sehr schöner. Zur German Open werde ich hoffentlich auch nächstes Jahr fahren können.
Pingback: 6 Bestzeiten und 2 Weltrekorde | freshcuber.wordpress.com
Pingback: Freshcuber-Podcast, Folge 28 | freshcuber.wordpress.com
Pingback: Freshcuber-Podcast, Folge 28 | Rolands Zauberwürfel-Blog – freshcuber.de
Schöner Bericht und Glückwunsch zu den neuen Bestzeiten! Unsere erste Competiton hat uns allen viel Spaß gemacht und für die nächste ist definitiv mehr Üben angesagt. Beeindruckend waren auch die beiden Weltrekorde auf der German Open.
Wir sind nun ganz gespannt auf das Tutorial für den 4x4x6, denn der scheint wirklich nicht so einfach zu sein.