Bűvös Kocka, Opa aller Speedcubes und Vater aller Zauberwürfel
Heute erzähle ich Euch die Geschichte des ältesten Cubes in meiner Sammlung. Gleichzeitig ist er momentan aber auch der neueste Cube in meiner Sammlung, denn ich habe ihn erst gestern erhalten. Er ist 1978 oder 1979 in Ungarn produziert worden, also noch bevor in Deutschland offiziell Zauberwürfel verkauft wurden. Verkaufsstart in Deutschland war der 2. Juni 1980 – wir hatten also Anfang diesen Monats das vierzigjährige Jubiläum in Deutschland.
In Ungarn, dem Land des Erfinders Ernő Rubik, wurde der Zauberwürfel unter dem Namen Bűvös Kocka (Magischer Würfel) seit 1977 produziert. 1974 hatte Rubik ihn erfunden, aber es dauerte ein paar Jahre, bis die Produktion anlief. Kann man sich vorstellen, wie Ernő Rubik gefühlt haben wird, als er zum ersten Mal einen verkaufsfertigen Bűvös Kocka in der Hand hielt? Dass es einmal das meistverkaufte „Spielzeug“ (?) der Welt werden würde, hat er wohl nicht ahnen können.
Wie mir Ton Dennenbroek, WCA-Urgestein und erfahrener Cube-Sammler schrieb, ist dieser Bűvös Kocka 1978 oder 1979 produziert worden, denn die allererste Serie des Herstellers Politechnika von 1977 hatte einen anderen Orange-Ton. Der optische Zustand ist angesichts des Alters hervorragend, über Dreheigenschaften reden wir lieber nicht. Wer als Oldtimer-Sammler einen Benz Velo in der Garage hat (das erste in Serie produzierte Auto), wird diesen ja auch nicht für seine Fahrten zum Aldi nutzen. 😉
Doch wie bin ich nun an dieses Schmuckstück meiner Sammlung gekommen? Nun, es hängt mit Folge 29 des Podcasts zusammen, die Mitte Mai 2020 erschienen ist. Dort habe ich (ab Minute 22) darüber geredet, ob denn nun das heute übliche Farbschema das Allererste war, oder das sogenannte Japanische Farbschema, bei dem Gelb und Blau vertauscht sind. Unter Anderem kam auch der Büvös Kocka zur Sprache, der erste massenproduzierte Zauberwürfel, samt Hinweisen darauf, dass er das noch heute übliche Western Color Scheme hat.
Ein paar Tage später erreichte mich eine eMail von Max aus Österreich, der mir Folgendes schrieb:
Mindestens so groß wie die Begeisterung fürs Cuben ist bei mir auch die Sammelleidenschaft ausgeprägt. Dazu gehört natürlich auch die Suche nach möglichst alten, originalen Rubik’s Cubes oder ähnlichen Raritäten. Vor einiger Zeit schon bin ich über eine Kleinanzeige „gestolpert“ mit zwei Würfeln, die zwar schon einige Jahre auf dem Buckel hatten, Verpackung und Beschreibung aber recht unscheinbar, die Aufschrift in einer Sprache die ich weder lesen noch zuordnen konnte. Für mich eher der Gedanke an No-Name bzw. Billig-Würfel…
Dann die Erwähnung des Büvös Kocka im FCP29. Und mir kam sofort wieder diese Anzeige in den Sinn.
Kurz wieder danach gesucht – gleich gefunden, und siehe da: es waren doch tatsächlich zwei originalverpackte „Politechnika Büvös Kocka“ aus Ungarn! Und wie ich jetzt dank FCP Folge 29 weiss: quasi Großväter der heutigen Speedcubes. […]
Jetzt liegen sie bei mir am Schreibtisch, wie du sie auf den Fotos im Anhang sehen kannst. Zustand perfekt, die beiden haben vermutlich noch keine zwei Stunden ausserhalb der Verpackung verbracht – great!So – wozu jetzt diese ganze Geschichte?
Einen großen Teil meiner bescheidenen Cubing-Fähigkeiten habe ich dir, deinem Blog und deinen Tutorials, zu verdanken. Nachdem ich denke, dass so ein Würfel auch gut in deine Sammlung passen würde und du aber noch keinen hast, würde ich dir (bei Interesse) gerne einen zukommen lassen. Als kleines Dankeschön und nach dem Motto „geteilte Freude ist doppelte Freude“.
Das war schon eine tolle Überraschung und ich war ziemlich aus dem Häuschen. Vielen vielen Dank an Max.
Später schrieb Max noch etwas über die Herkunft dieser Cubes, und warum sie so gut erhalten sind:
Der Verkäufer hat mir dann im Nachhinein noch erzählt, dass die Würfel noch ein Überbleibsel von vielen sind, die irgendwann rund um 1980 von seinen Eltern, die ursprünglich aus Ungarn waren, über die österreichisch/ungarische Grenze geschmuggelt wurden, um hier in der „kapitalistischen“ Welt gewinnbringend verkauft zu werden.
Es handelt sich also um Schmuggelware, noch dazu über den eisigen, äh eisernen Vorhang. Ich bin schockiert. 😉
Auf Reddit (in der Gruppe Cubers) hat das Foto bisher über 750 Likes bekommen. Wow! Ich wusste gar nicht, dass sich so viele Cuber für „Ahnenforschung“ interessieren. User Laghimaguru hat gleich eine Übersetzung des Beipackzettels und der Schrift auf der Box hinzugefügt:
Translation: politechnika INDUSTRIAL COOPERATIVE
1124. Budapest, Koszta József street 21/b
1723 item number. Magic Cube
ITJ.: 69-53-5
Material: shockproof polystyrene.
Features: softens thermally, less fragile.
Handling: can be washed in lukewarm soapy water.
Dimensions of box: 60 x 60 x 65 mm
We recommend this game from the age of 10.
Alkr. sz.: 22206-00On the box: Magic Cube. Spatial logical game
So, jetzt kennt Ihr die Geschichte des ersten in Serie gefertigten Zauberwürfels, und auf welch wundervolle Weise er in meine Sammlung kam. Habe ich bei meiner Recherche für Folge 29 überhaupt erst von Bűvös Kocka erfahren, so kann ich in der demnächst erscheinenden Folge 30 davon berichten, dass ich einen solchen in der eigenen Sammlung habe, und zwar tatsächlich mit dem heute noch üblichen Farbschema, während viele der ersten international verkauften Rubik’s Cubes das japanische Farbschema hatten. Das sieht man auch auf dem Familienfoto, das ich abschließend noch zeigen möchte. Im Hintergrund sieht man Bűvös Kocka, davor links einen der frühen Rubik’s Cubes mit japanischem Farbschema, sowie rechts meinen eigenen alten Cube, dem man die 1980er Jahre am meisten ansieht, und der wiederum das Farbschema hat, das zwar „Western“ Color Scheme heißt, obwohl es eigentlich aus dem „Ostblock“ kommt:
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Hey Roland, schöner Artikel! Ich hab auch einen Würfel geerbt der eventuell aus den ersten Serien stammen könnte und dessen Orange-Ton noch eher ein Neon-Orange ist.
Ich würde mich freuen wenn wir zusammenfinden könnten. Ich bin neugierig welches Baujahr meiner ist! 🙂
Grüße Fritz
Hallo Fritz,
Falls Du im Raum Köln/Bonn unterwegs bist, lässt sich das bestimmt einrichten. Ansonsten bräuchte man wohl ein paar Fotos mit einigermaßen „verlässlichen“ Farben. Schwierig, ich weiß…
Ich selbst habe auch eigentlich keine Ahnung von den unterschiedlichen Büvös Kocka. Aber ich wüsste, wem ich die Fotos weiterleiten würde. Hat Deiner denn den Original-Karton mit der interessanten Deckelfaltung?
LG, Roland
Pingback: Mein ältester Zauberwürfel: Büvös Kocka – cubingfreunde.wordpress.com
Pingback: Mein erster „japanischer“ Cube – cubingfreunde.wordpress.com
Pingback: Das Jahr des Zauberwürfels | HNF Blog
Pingback: Die ERSTE Zauberwürfel-Anleitung | Rolands Zauberwürfel-Blog – freshcuber.de
Damit dürfte diese ganze MINT-Clique endgültig enttarnt sein, was die wirklich wollen
https://www.smbc-comics.com/comic/buffon
Wegen geteilte Freude ist doppelt Freude: es ist wieder einer aufgetaucht. https://www.memecenter.com/fun/7271102/he-protecc Womit die Frage, was früher in jeder Spielkiste war, beantwortet ist,
Da 80er-Jahre Shows in sind, darf natürlich der Würfel nicht fehlen.
Aus der Mediathek, ARD, Shows im Ersten: Zauberwürfel – Die verrückten 80er
https://pdvideosdaserste-a.akamaihd.net/int/2020/07/02/2002af5e-4b33-43f0-a9f5-f2fa992d3662/1280-1_700214.mp4
Schönes Teil!
Meinen erster Würfel habe ich Anfang der 80ziger aus dem Interschop im Leipziger Hauptbahnhof erworben. Der kaum in einer ähnlichen Papschachtel daher (so habe ich es wenigstens noch in Erinnerung). Leider gibt es die Verpackung nicht mehr. Dafür aber den Würfel.